Hetero-Ehe? – okay, aber bitte 1.000€ pro Kind nach der Scheidung

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Ich stolperte neulich über diesen sehr interessanten Thread und Streit auf twitter:

Miriam Vollmer liegt in meinen Augen vollkommen richtig. Das Argument, dass Feministinnen immer nur auf Hausfrauen rumhacken ist alt, mir schon unzählige Male begegnet und ich kann jedes Mal nur gähnen. Wir hacken nicht drauf rum, wir sind einfach nur realistisch, so leid es mir tut.

Aber: Ich habe einen Tipp an alle Frauen, die planen eine Hetero-Ehe mit einem Mann und ggf. Kindern einzugehen und ich meine es verdammt ernst. Sichert euch ab. Macht einen Ehevertrag, in dem ihr genau festhaltet, wie ihr von ihm abgesichert werdet, falls es zur Scheidung kommt. Und zwar abhängig davon, wieviel Sorgearbeit er übernommen hat.

Das erste Kind wird geboren? – Ehevertrag her und am besten noch vor der Geburt festschreiben: Sollte es zu einer Scheidung kommen, dann sollte der Mann der Frau pro Kind, um das er sich nicht genauso viel gekümmert hat, für das er nicht genau so viel beruflich zurück gesteckt hat, bis an das Ende ihres Lebens 1.000 Euro zahlen.

In Worten: Eintausend Euro.

Ich hab erst überlegt, ob ich 500 Euro schreiben sollte, aber wisst ihr was? Das ist viel zu wenig! Der Verlust an Lebenseinkommen pro Kind ist bei Müttern enorm, man kann nicht wirklich überschätzen, wie enorm. Während ein westdeutscher Mann ein gemitteltes Lebenseinkommen von 1,5 Millionen Euro haben wird (Quelle), hat eine westdeutsche Mutter 62 Prozent weniger, nur 578.000 €! Da liegt fast eine Million dazwischen. Und ja: Das Problem heißt Mutterschaft! Kinderlose Frauen verdienen nur etwas 13 Prozent weniger – das ist immer noch ein Unterschied, aber mit gut 1,3 Millionen ist der Abstand zu Männers nicht so groß.

Wenn Mütter also fast eine Millionen Euro auf ihr Leben gerechnet weniger verdienen und diese Lücke mit jedem Kind größer wird (Quelle), dann wird ein Schuh aus meinen 1.000 € pro Kind. Nehmen wir an unser Hetero-Ehepaar wird Eltern wenn sie 30 Jahre alt ist und lässt sich dann nach zehn Jahren scheiden – denn darum geht es ja hier! Nun ist sie 40 und Hausfrau und steht da und wird bis an ihr Lebensende insgesamt etwa eine Million Euro weniger verdient haben, als er – hallo Altersarmut mit Hauptrisikofaktor: Geschlecht weiblich (Quelle).

Wenn sich die beiden, die inzwischen zwei Kinder haben, geeinigt haben, dass sie pro Kind nach der Scheidung monatlich 1.000 € von ihm bekommt, dann sind das auf 40 Jahre (nehmen wir der Einfachheit halber an, sie lebt noch 40 Jahre) gerechnet 2.000x12x40 = 960.000 € – also ziemlich genau die fast-Million, die sie wegen ihrer Mutterschaft nicht verdient! So eine Verabredung zu treffen kann zwei Dinge bewirken:

  1. Wer bei der Geburt eines Kindes eine solche Verabredung trifft (und haltet bloß GENAU fest, was Hälfte-Hälfte Sorge bedeutet! Das beginnt bei der Elternzeit, geht weiter über Karriere-Schritte (Teilzeit, Beförderungen, Überstunden usw…) und endet bei Mental Load, lest Patricias Buch!), der hat einen starken Anreiz geschaffen, dass der Typ in der Ehe sich alles doch noch einmal *sehr* genau überlegen wird.
  2. Falls es – was unter diesen Umständen recht unwahrscheinlich sein dürfte, aber hey, alte Gewohnheiten sind sehr sehr stark – zu einer Ungleichaufteilung der Sorgearbeit kommt, sie weniger verdient, Teilzeit arbeitet usw… – also das ganz übliche „huch, also wir waren eigentlich mal emanzipiert, aber dann kam das Kind!“ – dann gibt es immerhin eine Sicherheit für die Frau.

Ich habe viele Jahre gegrübelt, wie man junge Frauen davor bewahren kann, in die ewig gleiche Falle zu tappen (in die ich übrigens anfangs selbst getappt bin, believe me! – aber nach der Trennung wurde das immerhin besser). Und ich glaube, dass alle Verabredungen und langen Gespräche und Awareness usw… total lieb und nett sind, aber am Ende höre ich doch von jedem zweiten werdenden Papa, dass er „die zwei Vätermonate“ nimmt und ich bin mir absolut sicher, dass nur Geld, kaltes, schnödes Geld, ein Umdenken bringen kann. Und wenn es Diskussionen darüber gibt, dass 1.000 € jawohl ein wenig arg… also bitte, TAUSEND Euro! Dann rechnet es vor (siehe oben). Und außerdem: Es muss ja nicht so kommen – er hat es ja in der Hand, indem er seinen Teil der Verantwortung übernimmt.

 

Photo by Aditya Romansa on Unsplash

6 Kommentare

  1. Gekkiloca sagt

    Ok. Ganz kurz. Mein Mann arbeitet schon vor der Geburt nur 78% und seit der Geburt 50%. Ist fest nur an zwei Tagen die Woche weg. Nach der Geburt hatte er 3,5 Monate ganz frei. Seit dem zwei fixe Tage weg und flexibel hört und da die drum herum Hektik aus dem Home Office.
    Ich bin Freiberuflern und habe vorher besser verdient als er (deutlich). Seit der Geburt hatten wir immer gleich viel Geld auf den Konten, weil ich volles Eltern Geld und sein Gehalt kein Manager Gehalt sondern Musiker Gehalt.
    Er kocht, putzt und wäscht fast ausschließlich in unserer Ehe. Auch vor dem Kind so gewesen. Ich eher so die Managerin. Jetzt auch die Familien Managerin und außerdem immer Rücken Probleme. Er ist also immer (auch nachts) mit am Start. Trotzdem habe ich fast zwei Jahre wegen dem Kind ausgesetzt. Aber diese Rechnung ist bei uns trotzdem ziemlich fair oder? Bei seinem Gehalt könnte er das ja auch gar nicht zahlen… Oder übersehe ich etwas weil ich immer denke „ich wollte ja zu Hause bleiben“. Was absolut stimmt. Ich wollte mein Kind selbst betreuen…
    Für Ehen wo die Frau deutlich weniger verdient und dann auch immer weniger verdient kann man dein Rechen Modell aber gut durch rechnen… Da finde ich es sehr angemessen.
    Keep up the good fight!

  2. mauerunkraut sagt

    Danke, dafür. Hatte mich ja anlässlich meiner Hochzeit bereits mit dem Thema Trennung und das man sich in Herrgottsnamen darauf vorbereiten soll auseinandergesetzt.
    Nun geht demnächst unser erstes Babyjahr zu Ende. Wir konnten uns die volle Elternzeit teilen und werden beide in Teilzeit weiterarbeiten, wir sind da aber auch in einer privilegierten Situation.
    Alles in allem, Carearbeit gibt es nicht zum Nulltarif und es kann nicht in unserem Interesse sein, dass die Frau dabei draufzahlt.
    LG

  3. Enrique sagt

    Liebe Katrin,
    irgendetwas kam mir an den Zahlen komisch vor; und ich weiß jetzt auch was:

    In deiner Beispielrechnung kompensiert der Mann durch die fortlaufende Zahlung den Verdienstausfall der Frau von 1 Mio. €. Somit hat sie am Ende de facto 1.5 Mio € „verdient“/erhalten, er hat nur die halbe Million übrig. (Immer Bezug nehmend auf deine Zahlen.)
    Damit hat die Frau also keinen Anteil am Verdienstausfall getragen; während der Mann den vollen Ausfall trägt.

    Oder, um es ohne abstrakte Durchschnitte zu formulieren: Sie hat ein Mindestnettoeinkommen von 2000€ pro Monat, er wird (nach Zahlung an die Frau) vermutlich deutlich darunter liegen.
    Und das auch, nachdem die Kinder erwachsen sind.

    War das beabsichtigt, um die verweigerte Carearbeit zu bestrafen?

    • Enrique sagt

      Ich sehe gerade, die erwähnten Einkommen (1.5 Mio €, 500k€) sind Bruttoeinkommen.
      Dann könnte das evtl. schon deutlich besser passen, sofern der Mann die 2000€ dann auch vom Brutto anstatt vom Netto zahlen kann.

  4. Anne sagt

    Ich wünschte mir, das Eheverträge Pflicht werden. Und das Kindesunterhalt der nicht gezahlt wird, automatisch von der Rente der Väter abgezogen wird. Es ist so traurig was ich im Bekanntenkreis immer wieder miterlebe.

  5. Hannah sagt

    Liebe Katrin,

    ich glaube dein Vorschlag geht am Kern des Problems vorbei geht. Deine Rechnung mag zwar stimmen. Aber sie würde mir als zweifacher Mutter allenfalls helfen, um am Schluss mein Rentenkonto oder mein Vermögen im Falle einer Trennung aufzustocken. Aber die eigentliche Diskussion um die Ursachen von fehlender Gleichberechtigung geht dann in einer sinnlosen Detaildiksussion um eine Einzelmaßnahme unter.

    Dein Vorschlag würde mir nicht helfen, um ein glückliches Leben als Familie zu führen und sicherzustellen, dass meine Ehe nicht an der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zerbricht. Und wenn meine Ehe zerbricht, hab ich zwar vllt. kurzfristig mehr Geld – aber ich die vertanen Karrierechancen ließen sich ja trotzdem nicht ausgleichen. Ich lande so oder so im Hintertreffen gegenüber meinen männlichen oder kinderlosen Konkurrent:innen.

    Das Hauptproblem für die Gleichberechtigung ist, dass unsere Gesellschaft der Erwerbsarbeit alles unterordnet. Dass Erwerbsarbeit grundsätzlich immer wichtiger ist als Kindererziehung, Pflege kranker Eltern, politisches/gesellschaftliches Engagement und ein gesundes Seelenleben ist.

    Die Tatsache, dass Dinge wie Elternzeit überhaupt durch Rechtsansprüche gesichert werden müssen, ist für mich der Kern des Problems (zumal das auch nur für Angestellte wirklich hilft und somit Frauen von der Selbstständigkeit ausgeschlossen werden). Warum bedeutet Vollzeit denn überhaupt 40 Stunden/Woche? Warum kann man seine Karriere nicht mal für ein paar Jahre unterbrechen und wieder fortsetzen (egal ob für Kinder, Altenpflege, Umschulung usw.)? Warum kann eine Firma nicht problemlos eine Weile auf einen frisch eingearbeiteten Angestellten verzichten?

    Natürlich hätte ich auf meine Elternzeit verzichten können – aber ich wollte es schlichtweg nicht. Die Zeit mit meinen Kindern ist einmalig in meinem Leben. Natürlich hätte ich bis kurz zum Mutterschutz arbeiten können – aber leider gab es Komplikationen. Als Selbstständige war ich aber dann wiederum froh, dass mein Mann einen soliden Angestelltenjob hatte – weil ich nach der Elternzeit erst mal wieder einen neuen Kundenstamm aufbauen musste.

    Im Endeffekt ist das Problem die Leistungsorientiertheit unserer Gesellschaft mit ihrer bekloppten 40-Stunden-Woche. Der Konkurrenzdruck unseres Wirtschaftssystems ist da für mich der eigentliche Feind der Gleichberechtigung. Auch nicht nur zwischen Frauen und Männern – sondern z.B. zwischen jung und alt, gesund und krank usw., kinderlosen und Menschen mit Kindern, bildungsunterschieden, muttersprachlern und nicht-muttersprachlern etc..

    Die Tatsache, dass wir mit Stückwerkregelungen wie dieser eine scheinbare Chancengleichheit in einem ohnehin völlig verzerrten Wettbewerb zwischen Menschen herstellen. Die Diskussion dreht sich dann wiederum um eine weitere unsinnige Detailregelung, die wieder nur bestimmten Gruppen nützt. Anstatt dass wir uns als Gesellschaft versuchen den Wettbewerb selbst stärker einzuschränken.

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